Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Claude Surmont (SRO) (2024)

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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Claude Surmont (SRO) (1)

©AlexanderTrienitz

Nach dem BMW-Zweikampf hielt sich Thomas Preining nicht mehr zurück Zoom

das DTM-Sonntagsrennen in Zandvoort war ein Spektakel der besonderen Art. Crashes, rauchende Reifen, Zoff am Funk, ein Überraschungssieger von Platz 14. Doch ein Funkspruch überschattete das Rennen. "I am trying with everything I have but the f*cking BoP is a disaster!", ließ Champion Thomas Preining seinem Ärger freien Lauf, nachdem er wie viele seiner Kollegen gegen den BMW völlig wehrlos war.

Das ist unüblich, denn normalerweise halten sich die Fahrer zurück, was direkte Kritik an der Fahrzeugeinstufung angeht. Man beschreibt lieber, dass man keine Chance gehabt habe, obwohl das Auto perfekt gelegen sei, kritisiert durch die Blume.

"BMW hat wieder einmal 1.000 PS mehr als der Rest"

Aber die BMW-Show brachte das Fass zum Überlaufen. Denn obwohl man auf dem flüssigen Dünenkurs an der Nordsee eigentlich nicht überholen kann, pflügten die BMW am Sonntag nur so durchs Feld, überholten als einzige einen nach dem anderen. Marco Wittmann raste von Startplatz 14 zum Sieg, Rene Rast von Startplatz 20 auf Platz sieben.

Und selbst Sheldon van der Linde, dem es laut eigenen Angaben in Zandvoort "überhaupt nicht gelungen" ist, "das Auto zum Funktionieren zu bringen", fuhr von Platz 17 auf acht.

"Es ist wirklich ein Witz, aber der BMW hat wieder einmal 1.000 PS mehr als der Rest des Feldes", schimpfte auch Mercedes-AMG-Werksfahrer Maro Engel am Funk. Schon am Vortag hatte sich Abt-Sportdirektor Martin Tomczyk über den BMW-Vorteil beschwert.

Der Mann, den sie "Claude" nennen

Der Mann, der dafür die Verantwortung trägt, ist der Belgier Claude Surmont - von allen nur "Claude" genannt. Der Belgier, der sich stets im Hintergrund hält und nicht mit Medien spricht, leitet die Technikabteilung der SRO Motorsports Group, die für den ADAC die Balance of Performance erstellt. Und obwohl er eine dicke Haut hat, kann er nach dem Wochenende nicht gut geschlafen haben.

Dabei war nach den zwei Jahren unter Gerhard Berger, als die in der Formel 1 aktiven Antriebsspezialisten von AVL Racetech die Balance of Performance (BoP) in der DTM erstellten, die Erleichterung groß: Die revolutionäre Herangehensweise mit dem virtuellen Testfahrer wurde teilweise belächelt, endlich würden die GT3-Erfinder aus Frankreich übernehmen, die durch ihre zahlreichen Rennserien rund um den Erdball so viele Daten wie niemand anderer haben.

Aber auch die SRO tat sich schwer - Stichwort "Porsche-Cup" 2023 in Oschersleben. Und man erkannte, dass die DTM eigene Gesetze hat und die AVL doch nicht so schlechte Arbeit geleistet hatte.

Nur ein Zehntel Schwankungsbreite: So komplex ist DTM-BoP

Während in anderen GT-Serien beim Set-up Kompromisse gemacht werden, weil sich oft Profis und Amateure die Autos teilen, wird in der DTM jedes Detail ausgereizt. Zudem sind fast nur Profis am Werk. Wenn die BoP also nur knapp danebenliegt, sieht man das wie unter einem Brennglas.

Die SRO und der ADAC reagierten prompt: Während in den anderen SRO-Serien die Regel gilt, dass jedes Auto bei der Rundenzeit innerhalb von drei Zehnteln zum Gegner liegen muss, korrigierte man diesen Wert in der DTM auf ein Zehntel!

Aber müsste die SRO mit ihrem riesigen Datenpool nicht deutlich besser aufgestellt sein als Vorgänger AVL? All die Daten und Erfahrungswerte bringen wenig, da in der DTM Heizdecken verboten sind. Nicht jedes Auto kommt damit gleich gut zurecht, wodurch die SRO-Daten nicht 1:1 anwendbar sind.

Gefangen im Perpetum Mobile

Vom Schubert-Team hört man, dass der schwerfälligere BMW M4 GT3 die Reifen konzeptbedingt nicht so gut auf Temperatur bringt wie zum Beispiel der agile Audi R8 LMS, der seine Zeit in den Kurven macht. Das spielt im in der DTM so wichtigen Qualifying eine große Rolle und erkläre auch die schwachen BMW-Startplätze.

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Aber was bringt dem Audi seine Kurvengeschwindigkeit, wenn er damit im Rennen nicht überholen kann? Claude sieht sich mit einem Perpetum Mobile konfrontiert, denn er hat nur eine BoP für Qualifying und Rennen. Und das bei einem Feld, das in Zandvoort innerhalb von 0,845 Sekunden lag.

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Und dann wären da noch die Hersteller, die Claude ständig übers Ohr hauen wollen. Mir wurde von Szenen berichtet, als sich ein Herstellervertreter wie ein Fußballer freute, der gerade ein Tor geschossen hat, nachdem er über die günstigere BoP informiert wurde - im Glauben, Claude habe bereits den Raum verlassen. Doch der stand noch in der Tür und bekam alles mit.

Claudes verzweifelter Kampf gegen die Herstellertricks

Zudem sind die aktuellen GT3-Autos nicht mehr mit den Boliden vor zehn Jahren zu vergleichen, weil die Hersteller erkannt haben, wie man mit Tricks eine möglichst gute BoP bekommt. Man hört von Autos, die - je nachdem, wo sie sich auf der Strecke befinden - über ein GPS-System das passende Motormapping aktivieren.

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Oder von einer adaptiven Kennfeld-Aktivierung, bei der der Motor selbstständig über die Elektronik lernt, wie er die Zündung optimal einsetzt. "Diese Autos sind heute so gut - die Hersteller können alles spielen", sagt mir ein Kenner. Und Claude ist mit seinem Laptop ein Einzelkämpfer gegen dieses System. Wie ein Ritter mit Pferd und Lanze, der Kampfdrohnen und Hightech-Waffen gegenübersteht.

Mittelfristig wird der Weg wohl nur über Drehmomentsensoren führen, über die direkt an der Antriebswelle genau gemessen werden kann, welche Leistung wirklich am Rad ankommt. Die meisten Hersteller haben auch die dafür notwendige kostenintensive Software-Applikation. Einziger Nachteil: Ein Sensorenpaar kostet ca. 40.000 Euro, wofür die Teams aufkommen müssten. Für viele ist DTM aber schon jetzt kaum zu stemmen. Claude ist wirklich nicht zu beneiden.

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